Depression

Im Kapitel Sinnsuche schreibe ich über eine Form der Depression, die Viktor Frankl als noogene Depression bezeichnete.  Ich möchte das hier erweitern, nachdem ich kürzlich ein recht neues Buch in die Finger bekommen habe.

In dem Buch „Die Depressions-Falle“ von Thorsten Padberg wird berichtet, dass die Zahl der Depressionen in den letzten Jahren neue Höchststände erreicht hat – inklusive der damit verbundenen Krankschreibungen. Die Depression entwickelt sich zu einer Volkskrankheit. Dementsprechend steigt auch die Zahl der verschriebenen Medikamente gegen solche Depression von Jahr zu Jahr.

Ich möchte mich hier in diesem Zusammenhang mit zwei Fragen beschäftigen:

Erstens:
Warum steigt gerade jetzt die Zahl der Menschen mit der Diagnose Depression?

Zweitens
Warum werden immer mehr Medikamente gegen Depression verschrieben?

Diese Psychopharmaka wirken übrigens im allgemeinen recht gut. Medikamente, die Wirkstoffe enthalten, die den Hormonhaushalt verändern (korrigieren) (hier sei vor allem das Serotonin erwähnt) aber auch andere Substanzen, die mit der Bezeichnung Stimmungsaufheller auf den Markt kommen, lassen die Depressionen verschwinden.

Aber … das betrifft lediglich die Beseitigung der Befindlichkeit – der Symptome, jedoch nicht die Beseitigung der Ursache. Daraus lässt sich eine – für mich eher ungünstige Wandlung in unserer Gesellschaft ausmachen: Einige Menschen (es sind wohl eher viele) sehen nicht die Notwendigkeit, ihre psychischen Probleme in den Griff zu bekommen; es gibt ja gut wirkende Medikamente.

Eine kurze Anmerkung zwischendurch:
Dass ich das jetzt so formuliere, ist keineswegs im Sinne einer Abwertung gemeint. Es ist für mich eher die Folge einer trügerischen Hoffnung, dass Menschen sich auf die Wundermittel der Medizin verlassen, statt sich selber zu helfen. Und damit sind nicht diejenigen gemeint, denen das Schicksal eine schwere – manchmal zu schwere – Last aufgebürdet haben.

Die medikamentöse Behandlung ist von erheblichem Nachteil: sie lässt den Leidenden vermuten, dass sein Leiden – die Depression – ein (körperliches) Symptom ist, das mit dem richtigen Cocktail aus verschiedenen Substanzen wieder ins Lot gebracht wird. Was wir damit aushebeln ist aber unser eigenes Schutz-System.

Was passiert denn wirklich?
Mein Körper signalisiert mir mit der Depression, dass etwas mit mir nicht stimmt. Diese Meldung ist ein wertvolles Geschenk … so sehe ich es zumindest. Allerdings wird nicht gleichzeitig mit gesendet, was es genau ist, was da nicht stimmt.

Gerade das ergibt für mich einen Sinn! Ich will erklären, warum ich das so sehe:
Die Ausgangslage ist, dass es mir schlecht geht, vielleicht sogar schon in Richtung depressiv. Das verstehe ich als Botschaft, gekoppelt mit einem Auftrag:
„Finde heraus, warum es Dir schlecht geht. Finde die Ursache! Das ist jetzt Deine Aufgabe. Wenn Du die Lösung gefunden hast, wird es Dir wieder besser gehen.“

Wenn wir das mit Erfolg erledigen, stellen sich Glücksgefühle ein. Und gleichzeitig ernten wir Zufriedenheit; denn wir haben damit einen großen Schritt in Richtung der eigenen Sinn-Erkennung gemacht. Ich will das erläutern, indem ich den anschaulichen Vergleich im Buch von Herrn Padberg zitiere.

Die Fliegen-Falle (Zitat Padberg)

Vom süßen Saft in der Fliegenfalle angelockt, schlüpft die Fliege in das Glas … und kommt anschließend nicht wieder heraus! Herr Padberg vergleicht die depressive Lage, in die wir Menschen manchmal geraten, mit diesem Bild: wir haben (noch) nicht gelernt, Lösungswege zu finden, um aus unserer eigenen Fliegenfalle zu entkommen. Dann tun wir das doch jetzt: lernen wir aus der Fliegenfalle zu entschlüpfen!

Das ist anstrengend und das ist auch nicht angenehm. Die Fliege muss nicht nach oben ins Licht, wo die Freiheit lockt, sondern nach unten … ins Dunkle. Das ist ganz gegen ihre Gewohnheit. Die Analogie für uns Menschen muss dann so lauten: “suche die Lösung tief unten im Dunkeln; finde die Lösung an einer Stelle, die Du bis jetzt noch gar nicht kennst.” 

Nehme ich dagegen ein Antidepressivum, dann schalte ich diesen Prozess aus!
Dann geht es mir aber nicht wirklich „besser“, ich merke nur nicht mehr, dass es mir immer noch „schlecht“ geht. Die Medikamente gaukeln mir vor, dass kein Problem mehr vorliegt.

Ich muss es noch einmal betonen

Ich schreibe das hier mit dem Hintergrund meiner eigenen Erfahrungen. Es mag durchaus Menschen geben, für die etwas anderes gilt und für die damit ein anderer Weg der bessere ist. Es erschreckt mich nur, dass es in unserer heutigen Zeit so einen rasanten Anstieg der Fallzahlen gibt. Depression war vor einigen Jahren noch eine relativ seltene Erkrankung. Es muss einen Zusammenhang mit unserer modernen Welt geben, und nicht etwa eine grundsätzliche Schwäche in der Auslegung unseres Körpers oder unseres Geists.

Meine eigenen Depressionen

Ich habe in meinem Leben drei Depressionen erlebt. Die erste in sehr jungen Jahren – kurz vor dem Abitur. Die zweite als gestandener Mann! Beide habe ich überstanden – ohne die dahinter stehenden Probleme grundsätzlich zu erkennen, geschweige denn zu lösen. Bei der dritten hatte ich schon ein Alter um die fünfzig erreicht. Mit dieser letzten Depression waren dann schon sehr konkrete Botschaften verknüpft. Ich habe sie deutlich gespürt. Dabei tauchten Fragen auf wie die Folgenden: 

  • So wie Du jetzt lebst … ist das ein befriedigendes Leben für Dich?
  • Beruflich erfolgreich bist Du, ja … aber ist das Dein Ziel? Oder hast Du damit nur die Erwartungen Deiner Umgebung erfüllt?
Geschrieben im März 2022

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